Predigtnachlese

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«The Show Must Go On» sang die englische Kultband Queen im Oktober 1991. Da war schon lange klar, dass Sänger Freddie Mercury sterben würde. Mit ach und krach reichte die Kraft seiner Stimme noch für die Plattenaufnahme. Einen Monat später, am 24. November 91, war er tot. Die Show war zu Ende. Ein Menschenleben war zu Ende. Eine Lebensgeschichte war zu Ende. Ein wichtiges Kapitel Rockmusikgeschichte war zu Ende.

Ich muss viel daran denken - «The Show Must Go On» - wenn in diesen Tagen Veranstaltungen abgesagt werden und wir alle überlegen, wo genau wir jetzt noch hingehen und teilnehmen. Und wo nicht. Ich vermisse die Hockey Play-offs. Die Bundeliga spielt nicht und mein 1. FC Köln hätte grad so einen Lauf. Die GV des Kirchenchores fand nicht statt. Und ja, der Corona Virus hat uns auch noch in die Fastensuppe gespukt. Pfui! Wie fies ist das denn!

Ich weiss nicht, wie es dir geht, ich tue mich schwer, wenn sich meine Pläne ändern. Da habe ich mich auf etwas gefreut. Ich habe etwas eingeplant. Ich habe mir einen Termin reserviert. Und dann – zack: nichts! Ich mag es nicht, wenn meine Pläne durchkreuzt werden.
Das verunsichert mich. Und wer mag schon Unsicherheit? Ich mag es, wenn ich die Dinge kalkulieren kann. Ich habe dann das Gefühl mein Leben im Griff zu haben. Das gibt mir Sicherheit. Das tut mir gut.

Und jetzt haben wir die Corona-Epidemie! Und plötzlich ist alles anders. Und meine Pläne werden durchkreuzt. Und ich bin verunsichert.
Und jetzt sag ich dir was: Und ich bin irgendwie auch fasziniert. Und es gibt drei Gründe warum:

1.Ich habe nicht alles im Griff!
Das klingt erstmal negativ. Für mich als Christ ist das aber eine Wahrheit, an die ich mich immer wieder erinnere. Wenn jemand krank wird. Wenn jemand stirbt. Da wird das klar: Ich/wir haben nicht alles im Griff. Aber auch wenn Beziehungen brechen. Wenn die Liebe plötzlich weg ist. Oder wenn jemand eine Partnerschaft sucht, sich sehnt nach Liebe und es klappt nicht. Dann merken wir: Dass können wir nicht machen, nicht arrangieren. Wir haben nicht alles im Griff.
Dann – umso mehr - möchte ich mich geborgen wissen in Gott. Ich möchte wie ein Kind darauf vertrauen, dass da noch jemand ist, dessen Möglichkeiten einfach mal grösser sind als meine. Ich möchte darauf vertrauen, dass Gott mehr Überblick hat als ich. Dass er mich und dich und uns alle in seinem liebenden Blick hat. Und dass wir da nie rausfallen! Was immer auch passiert.

2.Vertrauen bringt mich weiter als Sorge!
Das lerne ich von Jesus. Das sagt er uns ja heute: «Sorgt euch nicht! Verlasst euch nicht zu fest auf euch selbst, auf das, was ihr meint zu sein. Auf das, was ihr euch aufgebaut hat. Das ist nicht sicher. Das ist nur vorläufig. Das ist Himmel unter Vorbehalt. Das ist längst nicht der ganze und der richtige Himmel. Vertrau dich stattdessen mir an! Ich bin der Heiland, der Retter der Welt. Ich habe Macht über das Leben und über den Tod. Und ich kenne dich, deine Sehnsucht und deine Bedürfnisse. Ich weiss wo du Mühe hast. Ich kenne deine Not. Ich seh’ deine Schwäche. Vertrau mir!» Ja, verdammt, das möchte ich tun! Das bringt mir was! Das bringt mich weiter! Das ist eine grössere Perspektive, als ich mir je selber geben könnte!

3.Ich kann immer etwas tun!
Jetzt wäre es völlig naiv, einfach zu sagen: «Jetzt überlassen wir mal alles Gott. Er ist der Herr. Er wird es richten.» Es gibt christliche Kreise, die denken so.
Aber ich meine, das entspricht nicht dem, was ich von Jesus kenne. Der sagt ja nicht nur «Sorge dich nicht!» Der tut auch was – immer! Jesus ist ein Meister darin, das Mögliche zu tun. Wo Menschen hungrig sind, das sagt er: «Lasst mal sehen, was ihr habt.» Und er macht was draus und alle werden satt. Den Blinden heilt er mit Lehm und Spucke. Er hat kein ausgeklügeltes Heilmittel. Er nimmt das, was er gerade hat und tut was. Die Schriftgelehrten schlägt er einfach mit ihren eigenen Argumenten. Den Hass und die Gewalt die ihm angetan werden, besiegt er mit nichts, als der eigenen Liebe und Hingabe.
Das lerne ich von Jesus! Es ist immer was da, was ich tun kann! Ich muss nur hinschauen! Ich krieg’s geschenkt. Als Gnade finde ich es vor.
Und dass, was da ist, hat die Kraft zu verändern, eine neue Perspektive aufzuzeigen, zu retten, zu heilen, neues Leben zu schenken.

Auf Jesus zu bauen, heisst eben auf SEINE Möglichkeiten vertrauen. Dass ER mir schenkt, was ich brauche. Das ist viel! Das ist alles was nötig ist!

In der Corona Krise auf Jesus zu bauen heisst dann eben nicht nur vertrauen, dass es gut kommt.
In der Corona Krise auf Jesus zu bauen heisst dann eben auch schauen, was er schenkt, was jetzt wichtig ist, notwendig. Was ich jetzt tun kann!
Es heisst schütz dich und andere! Nimm Rücksicht! Denk an die Schwächeren, an die, die sich leicht anstecken können und für die es dann richtig gefährlich werden kann. Sieh ein, dass die Show nicht einfach weiter gehen muss. Dass sie nicht einfach weiter gehen darf.

In der Corona Krise auf Jesus zu bauen heisst dann: Lass dich unterbrechen. Nimm dich mal zurück. Lass zu, dass jetzt anderes wichtiger ist.

In der Corona Krise auf Jesus zu bauen heisst entdecken, was jetzt auch möglich ist. Mehr freie Zeit. Plötzlich Freiraum. Zeit für Familie, für Freunde, ein gutes Buch, eine Tasse Kaffee mehr am Tag, ein Spaziergang, ein Gespräch. Nutz’ das doch!

Jesus schenkt uns keine Krisen! Das macht Gott nicht! Für die kann er nichts. Die will er nicht! Aber er schenkt uns in der Krise sein Erbarmen, seine Nähe, seine Zuwendung.

Bei Martin Luther habe ich den schönen Satz gefunden: «Ein Christ hat Christus in sich, der würgt ihm den Tod.» (Erwin Mülhaupt, Martin Luthers Evangelien-Auslegung)

Dass Menschen uns Vertrauen, Mut, Realismus und Kreativität anmerken in dieser Zeit, dass wünsche ich uns! Und dazu segne uns Gott!

(Mat 6, 19-34)